Die Herren Urbach und tiefpunkt schreiben in Ihrem Artikel “Eigentlich mag ich Hackerspaces” unter anderem darüber, wie es für Außenstehende schwierig ist, in Hackerspaces Fuß zu fassen. Als ein Co-Autor der Hackerspace Design-Patterns möchte ich nicht so weit ausholen wie tante und erstmal die Definition eines Raums namens Hackerspace erfragen. Der Begriff “Hackerspace” ist eh erst zur Zeit der Design-Patterns im Sommer 2007 entstanden, um bisher geläufige Wortkonstruktionen wie “Ein Raum wie die c-base” abzulösen. All die bisher bestehenden unterschiedlichen Räume wurden dadurch unter einem Begriff zusammengefasst, aber sind jeder für sich sehr unterschiedlich.
Zurück zur Frage, warum diverse Hackerspaces sich für Außenstehende abschotten. Meiner Meinung nach liegt der Hauptgrund darin, einen “Raum für sich” zu haben, in der Gleichgesinnte zusammen kommen können. Dort trifft sich eine recht homogene Gruppe mit ähnlichen Zielen und ähnlichem Wissenstand. Es ist durchaus berechtigte Kritik zu behaupten, Mitglied in einem Hackerspace zu sein bedeutet ein Privileg aufgrund der mitgebrachten Vorbildung, was konträr zur Hackerethik steht. Nun, diese Gruppe trifft sich regelmäßig, ziehen Projekte durch und sind viel mit sich selbst beschäftigt. Oder wie es dieser Tage viel verwendet wird, es herrscht “Flausch”.
Aluhüte
Dann kamen die Aluhüte. Leute, die irgendwoher von dem Hackerspace erfahren haben und meinen, sie können dort aufkreuzen, um die “Bewohner” mit ihren Problemen zu Technologie oder Gesellschaft zu konfrontieren. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass dieses Menschen sind, die unter Wahrnehmungsstörungen leiden und dringend einen Psychologen benötigen. Leider ist dieser Besuch keine Seltenheit und es ist schwierig diesen Besuch wieder los zu werden, denn einfach Menschen so rauswerfen möchte niemand machen. Als Reaktion darauf wird die Zeit der offenen Tür eingeschränkt. Der Hackerspace ist nur noch dann geöffnet, wenn genug Betreiber anwesend sein können, die auch mit solchen Situationen umzugehen wissen.
Zumindest in den Kölner Hackerspaces C4 und Dingfabrik wurde darauf geachtet, dass zu den für Besucher geöffneten Zeiten ein Mitglied anwesend ist, das sich um die Gäste kümmert. Diese Person soll auf Besucher zugehen, Rundführungen anbieten und die Fragen beantworten – oder auch lästige Gäste zurückweisen. Die “Bewohner” werden wie Tiere im Zoo präsentiert und der “Gastgeber” kommt selten dazu, an eigenen Projekten zu schrauben. Irgendwann hat keiner mehr Lust darauf, “Gastgeber” für einen Abend zu sein. Die Gäste werden wieder sich selbst überlassen, nicht in ein Gespräch verwickelt, wissen auch nicht, wie sie sich integrieren sollen und werden nach kurzer Zeit wieder gehen. Leider alles schon erlebt und durch spätere Gespräche mit sich ignoriert gefühlten Gästen erfahren.
Vorträge und Workshops
Eine Möglichkeit, den Raum für Gäste zu öffnen, ohne sich intensiv um diese in Einzelgesprächen zu kümmern, ist das Anbieten von Vorträgen und Workshops. Dazu wird an einem Nachmittag oder Abend von einem oder mehreren Mitgliedern etwas vorbereitet. Gäste können vorbeikommen und brauchen nur konsumieren statt integriert zu werden. Wer noch Fragen hat, kann diese im Anschluss in kleinerer Runde bei Getränken stellen.
Dieses Konzept hat den Nachteil, dass es viele Besucher gibt, die ausschließlich zu den Veranstaltungen vorbei kommen. Sie werden kein Mitglied und integrieren sich nicht in Aktivitäten des Hackerspace.
Jugendförderung
Ein anderes Konzept wurde vom C4 vor mehr als zehn Jahren entwickelt. Unter dem Titel “U23” spricht es ausschließlich Jugendliche unter 23 Jahren an. Im Laufe von mehreren Wochen wird ein Thema intensiv bearbeitet und nebenher der Hackerspace vorgestellt. Pro Durchführung bleiben ein paar Jugendliche dabei und integrieren sich im Hackerspace.
Doch das U23 ist eine Ausnahmesituation, welches nicht dauerhaft verfügbar ist und nur einem ausgewählten Kreis offen steht.
Seit längerer Zeit denke ich über eine Erweiterung der Design-Patterns um einen Punkt nach:
The Bar-Pattern

Problem
There are no new members to the hackerspace. Nobody wants to act as host for guests, so that they vanish before they even drank the first beverage.
Implementation
Install a bar. Place a barbot during events and open evenings. Guests will show up at the bar, ask for a beverage and tend to question the barbot about the hackerspace.
Die Bar dient anfänglich orientierungslosen Gästen dazu, einen Fixpunkt aufzusuchen. Dort können Sie sich mit einem Getränk erfrischen. Zusätzlich befindet sich hinter dem Tresen ein Mitglied des Hackerspace, welches offensichtlich nicht in Projekte vertieft ist, sondern für Gespräche offen. Viele Fragen zum Hackerspace können beantwortet werden und die Integration des Gastes und möglicherweise zukünftigen Mitglieds wird erleichtert.
Der Autor ist war unter anderem Mitglied im c-base e.V. in dessen Räumen dieser Text entstand, während er diversen Gesprächswünschen auswich.
Gute proplembeschreibung.
Der bot ist eine technische Lösung fuer ein soziales proplem.
Handy deshalb nur der kurze Kommentar.
Ich finde deinen Beitrag insgesamt ganz richtig. Die Politik, wie mit Nichtmitgliedern in Hackerspaces umgegangen ist, wird meiner kleinen Erfahrung nach von den Mitgliedern ja nun wirklich selten als Optimum gesehen, sondern rangiert irgendwo zwischen Best Practice und Workaround.
Laus hat das in den Kommentaren zum Artikel schön erklärt. Offenheit im Zugang bringt nur dann etwas, wenn sie nicht mit Ignoranz im Umgang gepaart ist. Wenn ein Hackerspace mehr Besucher hat, als die „Bewohner“ verkraften, sei es wegen mangelnder Fähig- oder Möglichkeit zum sozialen Kontakt, sei es ein zu hoher Aufwand, so führen die Bewohner ein Reglement ein, welches einen Kompromiss aus Offenheit und – letzten Endes – einem Weiterbestehen im Sinne der Mitglieder darstellt.
Die Polemik von su und tiefpunkt halte ich in einer Hinsicht gelungen: Wichtig ist, das Modell zur Zugangsbeschränkung im Hackerspace immer wieder zu überdenken und neu auszuprobieren, weil ein erprobtes, verworfenes Modell möglicherweise durch Veränderung der Gegebenheiten zwischenzeitlich funktionieren kann. Vergleiche zu Sportvereinen hinken fast zu sehr, um darauf einzugehen, aber die Idee, das soziale Gefüge eine Fußballvereins mit der eines Hackerspaces zu vergleichen, wird durch den folgenden Absatz nichtig. Gerade weil das Spektrum eines Hackerspaces so breit ist, ist es eben nicht so einfach wie mitkicken im Sportverein. Denn der reine Fußballspielteil ist viel eher mit einem Workshop vergleichbar, womit wir wieder bei diesem Artikel sind.
tl;dr: Immer überdenken und diskutieren, wie man mit Nichtmitgliedern umgeht und neue Ideen holen (wie hier z.B.), und auch bei scheinbar einfachen Lösungen kritisch bleiben. Wenn es einfach ist, ist es selten neu.
Der Autor ist Berliner Exilmitglied im Entropia e.V. Karlsruhe.
[…] und mahnen, keine mystischen Orte für Hohepriester daraus werden zu lassen. Einige Punkte hat Lars Weiler schon aufgegriffen, ein weiterer wichtiger Punkt wird aber immer wieder übersehen: Der Name […]
[…] Zuge der Wandlungen der letzten Jahre hat Pylon dann noch postuliert, daß es eine Erweiterung um die «Bar»-Pattern […]
„Dieses Konzept hat den Nachteil, dass es viele Besucher gibt, die ausschließlich zu den Veranstaltungen vorbei kommen. Sie werden kein Mitglied und integrieren sich nicht in Aktivitäten des Hackerspace.“
ist das ein problem? also wenn der space jetzt nicht eh am absterben ist wegen mitglieder und geldmangel? ich wäre ja gerne so ein regelmäßiger gast in nem hackerspace, die den space mit getränkekauf oder auch mal nem eintritt unterstützt. scheiterte bisher daran, dass ich zu wenig zeit hab. (und mittlerweile dann auch am informationsfluss, weil ich die attraktor-mailingliste abbestellt habe … also an nem besseren kanal für die interessierte, aber nicht in dem maß involvierte öffentlichkeit)
Die Idee mit der Bar ist sicherlich ein guter Ansatz, aber ich könnte mir vorstellen, dass der Job des Barbots irgendwann ähnlich verkommt wie der des Gastgebers. Aber wer weiß, vielleicht gibts bis dahin auch wieder eine neue Idee.
Das mit den Vorträgen sehe ich nicht so problematisch wie du es darstellst. Ich kann mir gut vorstellen, dass Besucher, die mehr als 1-2 Mal zu Vorträgen auftauchen, langsam aber sicher in die Gemeinschaft eines Spaces integriert werden. Hängt natürlich von der jeweiligen Gemeinschaft ab.
Interessant. Genau das hab ich letzte Woche in Berlin in der c-base erfahren, als ich unbedarft rein- und nach der Begrüßung recht bald und sehr tirritiert wieder rausgeschlappt bin.. Auch eine Erfahrung reicher.
[…] tiefpunkt: Eigentlich mag ich Hackersapces, tante: What the Frak are Hackerspaces anyways?, Pylon: Gäste in Hackerspaces [↩]Share/Save Der Computer kann alles läuft ja nun seit einiger Zeit monatlich bei FSK. Im Juni […]